1 Die Souvans und ihr Park in Volčji Potok

Die Geschichte der Familie Souvan ist die Geschichte von der wirtschaftlichen und kulturellen Emanzipation des slowenischen Bürgertums im damaligen noch hauptsächlich deutschen Ljubljana. Durch ihren Fleiß, ihr Geschick, ihren Unternehmergeist und ihr vorbildliches soziales Verhalten ihrer Mitmenschen gegenüber wurden sie innerhalb von hundert Jahren zu einer der wohlhabendsten Familien der Stadt. Die männlichen Familienmitglieder bekleideten Funktionen in Wirtschaft und Politik, was eine immer intensivere und generationsübergreifende Einbindung der Familie in das kulturelle Leben Ljubljanas zur Folge hatte. Leon Souvan hat sich nicht nur als Kunstmäzen in die slowenische Kulturgeschichte eingeschrieben, sondern auch als kreativer Urheber des Schlossparks in Volčji Potok, eines Anwesens, das bereits sein Vater gekauft und verwaltet hatte. Dieser Park bildet heute den historischen Kern des Arboretums Volčji Potok, das eines der wichtigsten Kulturdenkmäler der Gartenarchitektur in Slowenien ist.

Kurator: Matjaž Mastnak; Gestaltung: Mateja Račevski; Arboretum Volčji Potok, Dezember 2017, November 2019

Quellenangaben:

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Fotoarhiv družine Souvan
Fotoarhiv in arhiv Arboretuma Volčji Potok
Fotografije iz digitalno restavrirane različice filma Dolina miru. Postopek digitalne restavracije je leta 2016 izvedlo podjetje Iridium Film v Ljubljani (Bojan Mastilović , Janez Ferlan). Projekt je finančno podprl Slovenski filmski center.

2 Die Familie Souvan in Ljubljana

Die Familie Souvan war im 19. Jahrhundert eine der erfolgreichsten slowenischen Familien in Ljubljana. Aufgrund ihres ausgeprägten Nationalgefühls spielte die Familie im wirtschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt und des Landes eine wichtige Rolle.

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Als Begründer der Familiendynastie gilt Franc Ksaver Souvan (1799-1885). Geboren in Prečna, absolvierte er das niedere Gymnasium in Novo mesto und wurde dann Handelsgehilfe in Ljubljana. Er machte rasche Fortschritte und übernahm nach dem Tod des Besitzers den Betrieb. Später eröffnete er in Ljubljana auf dem Mestni trg 22 ein eigenes Geschäft (auf der Fotografie aus dem Jahr 1916 mit einem Pfeil gekennzeichnet).

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Er war mit dem bekannten konservativen slowenischen Politiker und Publizisten Janez Bleiweis (1808-1881) (auf der Fotografie) befreundet, dessen Schwester er heiratete.

Unter dem Einfluss von Bleiweis, der schon damals als »Vater der Nation« galt, wurde er unter anderem Mitglied der k. u. k. Landwirtschaftsgesellschaft des Landes Krain, Kurator des illyrischen Sparkassenvereins sowie Stadt- und Landrat.

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Seine Söhne Franc Ksaver jun. (links) und Ferdinand Souvan (rechts) führten gemeinsam das väterliche Unternehmen.

Auch Franc Ksaver jun. (1826-1903) war Politiker im Landtag, Mitbegründer und Vorsitzender der städtischen Sparkasse in Ljubljana sowie Abgeordneter der Handelskammer des Landes Krain.

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Ferdinand Souvan (1840-1915) war Mitbegründer des nationalen Lesevereins in Ljubljana, der sich in seinem Haus befand. Heute steht hier die größte Buchhandlung Ljubljanas (auf der Fotografie links). Die Lesegesellschaft verfügte auch über eine Kegelbahn, ein Kaffeehaus und einen Tanzsaal.

Obwohl er nicht aktiv als Politiker tätig war, unterstütze er nationale Verbände und Handelsgesellschaften. Er heiratete die Schauspielerin und Sängerin Rozalija Fröhlich (1848-1919), die nach der Hochzeit nicht mehr auftrat.

3 Erwerb des Anwesens in Volčji Potok

Ferdinand Souvan war ein außergewöhnlich erfolgreicher Großhändler, der in der gesamten Monarchie von Dalmatien bis Wien neue Niederlassungen eröffnete. Einen Teil seines Gewinns investierte er in Immobilien.

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Das Ehepaar hatte mehrere Kinder. Franc Ferdinand (1870-1932) wurde Jurist, Diplomat und Bankier. Leon Souvan (1877-1949) übernahm die Geschäftsleitung. Von den Töchtern ist besonders Alma Souvan (1880-1964) bekannt, der der berühmte slowenische Dichter Josip Murn Aleksandrov in unerfüllter Liebe verbunden war. Alma heiratete Franc Urban, den zweitgrößten Textilhändler von Ljubljana. Das Foto zeigt einen Ausschnitt aus einem Porträt von Ivan Vavpotič.

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Im Jahre 1881 ließ sich das Ehepaar scheiden und Roza Souvan lebte bis zu ihrem Tod in Wien. Im nächsten Jahr erwarb Ferdinand Souvan das etwa hundert Hektar große Anwesen und das dazugehörige Schloss in Volčji Potok, wo er auch seine letzten Lebensjahre verbrachte. Er starb in Volčji Potok und wurde im Familiengrab in Homec beigesetzt.

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Auf der Postkarte aus dem Jahr 1899 ist das Schloss schon völlig renoviert. Von außen gleicht das alte Renaissancegebäude nun einem barocken Schloss.
Auf der Fotografie ist der Garten vor dem Schloss noch von einer Mauer umgeben. Das niedrige Gebäude im Vordergrund ist ein Stall. Heute befindet sich dort das erneuerte Bassin mit Wasserspiel.

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Ferdinand Souvan gestaltete den Garten um. Auf der Fotografie aus dem Jahr 1911 ist ein Teil des Gartens vor dem Gebäude akkurat mit Zierpflanzen bepflanzt. In dem umzäunten Garten befanden sich ein Gemüsegarten und ein Obstgarten mit veredelten Obstsorten. Angeblich befand sich im Garten auch ein Gewächshaus.

4 Unternehmer und Künstlerseele

Leon Souvan (1877-1949), ein eher sensibel und kunstliebender Mensch, gehörte der dritten Unternehmergeneration an. Obwohl er die familiäre Geschäftstradition weiterführte, galt seine Liebe der Kunst. Als Mäzen unterstützte er Künstler (besonders aus dem Umfeld der impressionistischen Malerei), war aber auch selbst künstlerisch tätig. Der Souvan-Park in Volčji Potok gilt als sein Lebenswerk.

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Leon Souvan schloss 1894 mit Auszeichnung die Realschule in Ljubljana ab und studierte dann in Wien. 1902 wurde er Gesellschafter im väterlichen Unternehmen. Im Unterschied zu seinen Vorfahren, fungierte er jedoch nicht als öffentliche Person. Er war talentierter Pianist, der sein Klavierspiel bei Anton Foerster perfektionierte. Mehrere seiner Klavierstücke und ein Stück für Klavier und Orchester sind erhalten geblieben.

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1903 heiratete er Helena Sponer (1885-1936), mit der er drei Kinder hatte. Die älteste Tochter Elza (1905-1999) heiratete 1933 Anton Rudež aus Ribnica und nach dessen Tod Dr. Ferdinand Majaron. Der Zweitgeborene Leon jun. (1910-2001) war seit 1932 Gesellschafter im väterlichen Unternehmen und der jüngste Sohn Ferdinand (Ferry) Souvan (1919-1974) machte sich als Musiker einen Namen.

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Helena Sponer war eine aus Mähren stammende Deutsche. Sie war geet und sprach mehrere Sprachen. Slowenisch lernte sie bei dem bekannten slowenischen Dichter Oton Župančič, der damals noch Student war. Ihr Vater war Fabrikant. In Volčji Potok führte sie souverän und erfolgreich das landwirtschaftliche Anwesen. Sie liebte Pferde und Hunde und war eine leidenschaftliche Jägerin.

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1914 wurde Leon Souvan in die österreich-ungarische Armee einberufen und seine Frau führte bis 1918 selbständig das Unternehmen und das landschaftliche Anwesen. Unter anderem modernisierte sie das Schloss: Sie ließ Wasser- und elektrische Leitungen verlegen und richtete ein Badezimmer und eine moderne Küche ein.

In die Zeit der Abwesenheit ihres Mannes fällt die Zusammenführung mehrerer familiärer Geschäfte im „Geschäftshaus Souvan“ auf dem Mestni trg 24 in Ljubljana, das bis 1945 betrieben wurde.

5 Große Veränderungen im Park

Noch vor dem Tod des Vaters entwarf Leon Souvan Pläne für die Umgestaltung des Schlosses und des Parks. Er baute eine Maquette, mit der er das neue Wegsystem und die Verteilung der Gebäude, der Fischteiche und der Pflanzen veranschaulichte. Nachdem er aus dem Krieg zurückgekehrt war, begann er 1919 mit der Arbeit.

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Leon Souvan nahm bei der Organisation des Anwesens große Veränderungen vor. Den alten Stall ließ er abreißen und 1923 ein neues Wirtschaftsgebäude (auf der Fotografie) errichten, das vom Schloss aus nicht zu sehen war. Die Gartenmauer wurde abgerissen, der Nutzgarten in die Nähe des Wirtschaftsgebäudes verlegt und die Zierflächen neu und großzügig angelegt.

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Um die barocke Außenansicht des Schlosses abzurunden, wurde dem Dach ein Aufbau mit einem ovalen Fenster, runde Oberlichter und ein welliger Rand hinzugefügt. Das modernisierte Schloss verfügte über sechzehn Zimmer. An zentraler Stelle befand sich der Salon mit Blick auf den Park, daneben die Bibliothek und das Esszimmer. Im zweiten Stock waren die Schlafzimmer für Familienmitglieder, Gäste und für das weibliche Hauspersonal. Im Erdgeschoss befand sich die Küche, die Waschküche, der Bügelraum und andere Wirtschaftsräume.

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Leon Souvan nahm im Park tiefgreifende Veränderungen vor: unter anderem ließ er zwei neue Teiche anlegen und die bestehenden vergrößern. Er veränderte das dekorative Konzept der väterlichen Pflanzungen und schuf ganze Flächen neu. Im Park errichtete er einige gemauerte und steinerne Elemente wie zum Beispiel aus Stein gehauene Ananasse.

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Es entstand ein neues Wegsystem, wozu auch eine neue Zufahrt zum Schloss gehörte. Leon Souvan legte einen Weg an, der um den Hügel herumführte, und einen Weg, der zu den Ruinen auf dem Hügel Volčji hrib führte.

Nach Ljubljana fuhr die Familie mit dem Zug. Zur Haltestelle und zurück brachte sie ein Pferdegespann oder eine Kutsche.

6 Das Leben auf dem Anwesen

Leon Souvan verweilte in der Woche nicht auf seinem Anwesen in Volčji Potok, weil ihn seine Geschäfte in Ljubljana hielten. Am Wochenende fuhr er dann zu seiner Familie. Das Betreiben des Anwesens oblag seiner Frau, die dabei von Angestellten aus der Umgebung unterstützt wurde, bei denen die Familie bis heute noch hoch angesehen ist.

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Helena Souvan war eine arbeitsame und zuverlässige Frau, die sowohl die Wirtschaft als auch den Haushalt erfolgreich führte. Es wird berichtet, dass sie um vier Uhr morgens aufstand, die Kühe molk und danach mit ihrem Pferd ausritt. Als Aristokratin konnte sie sich auch eine kleine Extravaganz leisten: ein Zimmer mit Singvögeln im zweiten Stock der Meierei. Auf der Fotografie ist sie mit ihrem jüngeren Sohn Ferry zu sehen.

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Sie brachte die Viehzucht auf dem Anwesen auf den neuesten Stand und führte das sogenannte Montafoner Braunvieh ein (auf der alten österreichischen Lithografie), das als Milchkuh oder als Schlachtvieh diente. In dem modernen Stall trug jedes Tier einen eigenen Namen. Das Anwesen hatte auch eine eigene Molkerei und neben Reit- und Kutschpferden wurden auch schwere Arbeitspferde gehalten.

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Auf dem Anwesen gab es ein bis zwei festangestellte Köchinnen und Zimmermädchen (auf der Fotografie), eine Wäscherin, einen Kutscher, einen Gärtner, Stallburschen und einen Jagdwächter. Als Saisonarbeiter wurden Feldarbeiter, Holzfäller und Waldarbeiter eingestellt. Im Winter wurde Eis für den Eiskeller geschlagen. An den Feiertagen wurden alle Arbeiter beschenkt.

Helena Souvan war eine gutherzige Frau und Taufpatin von mehreren hundert Kindern aus der Umgebung.

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Die Souvans führten auf dem Schloss ein lebendiges gesellschaftliches Leben. Als Gäste beherbergten sie Verwandte und Freunde. Auch der Maler Matija Jama war ein oft und gern gesehener Gast.

Am Jahresende wurde jedes Jahr eine große Treibjagd veranstaltet, zu der die wichtigsten Landbesitzer aus der Nachbarschaft geladen waren. Am Ende der Jagd wurden die Gäste im Wald mit einem Gastmahl bewirtet.

7 Das Innere des Schlosses

Die Innenräume des Schlosses hatte zunächst Ferdinand Souvan ausgestattet. Nach seinem Tod wurden sie noch in den Kriegsjahren technisch modernisiert und nach 1918 von Leon Souvan neu ausgestattet. Gemäß der veränderten Außenansicht verwendete er hierzu barocke Möbel aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

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Leon Souvan stattete das Schloss mit alten Kaminen aus, von denen jeder einzelne ein außergewöhnlich gefertigtes Kunststück war. Einen erwarb er im Schloss Zalog bei Moravče, einen zweiten in Kropa. Der dritte stammte aus seinem Haus auf dem Mestni trg 24, wo ein neues Geschäftshaus entstanden war.

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Im Schloss gab es eine wertvolle Sammlung alter Meister und zeitgenössischer slowenischer Impressionisten wie Matija Jama, Matej Sternen und Rihard Jakopič. Den Besucher beeindruckten auch wertvolle Arbeiten aus Glas und Porzellan, sowie Kronleuchter, Gardinen und Teppiche.

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Vor der angekündigten Zerstörung des Schlosses im Jahr 1944 konnten nur Teile des wertvollen Mobiliars und andere Stücke der Innenausrichtung gerettet werden.

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Raum mit orientalischen Möbeln.

8 Parterre vor dem Schloss

Jeder Eingriff in die Parkanlage wurde von Leon Souvan gründlich durchdacht. Viele Ideen kamen ihm während er Klavier spielte, wovon auch Skizzen in seinen Notenheften zeugen.

Das Schloss bildete das Zentrum des Parks. Seiner besonderen Betonung mussten alle anderen Elemente untergeordnet werden. Der Platz vor dem Gebäude war als Parterre geradezu prädestiniert.

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Bei der Konzeption der Anlage ließ er sich nicht von dem bestehenden Zustand des Parks einschränken. Um das Parterre nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten, ließ er die Mauer vor dem Schloss einreißen, den Stall versetzen und die Zufahrtswege umleiten. Die alten Gartenstrukturen verschwanden völlig. Auf dem Plan ein Ausschnitt aus dem Liegenschaftskataster 1868.

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Die symmetrische Achse des Parterres verläuft rechtwinkelig zum Schloss und direkt auf den Haupteingang zu. Die Buchbordüren bestanden aus Buchsbäumen, durchsetzt von Lawsons Scheinzypressen. Die Bepflanzung neben der Treppe betonte den Übergang zwischen zwei Niveaus, die gleichzeitig das Zusammenspiel von Architektur und Gartenarchitektur hervorhoben.

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Der Blick aus dem Salon auf die Kirche von Homec lässt die ursprünglichen Parterremuster erkennen. Souvan orientierte sich zwar an französischen Barockgärten, entwickelte aber eigene Ansätze für seinen Park. Da er davon überzeugt war, dass die Natur keine geraden Linien kennt, verliefen alle Linien im Parterre und alle Wege im Park leicht bogenförmig.

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Innerhalb der Buchsbaumumrandung befanden sich Beete mit Blumenrohrgewächsen und einjährigen Blumen. Durch die Farbenvielfalt und das freie Wachstum der Blumen wurde die strenge Buchsbaumumrandung aufgebrochen. Eine Frau, die als junges Mädchen den Park besucht hatte, erinnert sich an Leon Souvan: „Noch heute sehe ich ihn, mit welcher Liebe er den Garten pflegte; von überall her brachte er exotische Pflänzlinge von Blumen, Sträuchern und Bäumen mit.“

 

9 Englischer Park

Am südlichen und westlichen Fuß des Hügels legte Leon Souvan Parkflächen an, die heute Unterer und Oberer englischer Park genannt werden. Die großen Grasflächen bepflanzte er im Stil eines Naturparks mit Baumgruppen, die noch heute beiden Parkanlagen als Rahmung dienen. Weil im Königreich Jugoslawien keine Zierbäume gezogen wurden, kam die Mehrzahl der Baumpflänzlinge aus Deutschland.

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Die Gruppe von fünf Weißbuchen bildet noch immer das zentrale Motiv des Unteren englischen Parks. Die Fotografie wurde unter den Kaukasischen Flügelnüssen aufgenommen, die den Park im Westen umranden.

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Blick vom Schloss in Richtung Unterer englischer Park, den man auch heute noch durch betritt. Rechts davon stehen neben dem Hauptzufahrtsweg zum Schloss zwei Fichtengruppen. Wenn man den dunklen Fichtenhain passierte, bot sich dem Betrachter der Blick auf die helle Fassade des Schlosses.

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Leon Souvan war der Auffassung, dass Wasser im Park alles Schöne verdoppele. Demgemäß handelte er auch und legte einen neuen Teich an, den man heute Roter-Ahorn-Teich nennt, da er unter einem roten Fächerahorn liegt – dem ersten an diesem Ende der Welt. Außerdem ließ er den heutigen Otočec-Teich vergrößern, in dem sich damals noch das Schloss spiegelte (siehe Fotografie).

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Die Weißbirkengruppen tragen die Handschrift von Leon Souvan. Sie befinden sich in beiden englischen Parks und auch an anderen Stellen des Parks. Aufgrund ihrer geringen Lebenserwartung, verschwinden die von Souvan gepflanzten Birken langsam.

10 Regionale Identität

Zwischen dem musikalischen Schaffen und der Gartenkunst von Leon Souvan lassen sich Parallelen ziehen. Obwohl Weltbürger, war er tief in der slowenischen Kultur verwurzelt. Darauf verweist sowohl der volksliedhafte Melos seiner Kompositionen als auch der Blick auf die weite Landschaft des Parks und die unterschiedlichen Bildstöcke entlang der Wege.

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Der aus dem 18. Jahrhundert stammende Bildstock, der am Weg zwischen Schloss und Meierei unter den Platanen steht, erwarb Leon Souvan irgendwo in der Umgebung von Kamnik. Bildstöcke sind in Alpenregionen charakteristische Landschaftselemente. Mit den Bildstöcken bekam der Park nicht nur eine geistliche Komponente, sie betonten auch den alpenländischen genius loci.

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Vier Bildstöcke ließ Leon Souvan neu fertigen. Zwei mauerte er, zwei ließ er aus Beton fertigen. Der schönste Bildstock befindet sich an der Weggabelung am damaligen Hauptzufahrtsweg zum Schloss. In Slowenien war Beton zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Mode und Souvan ließ daraus auch die Parkbänke fertigen.

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Das Gebäude, in dem sich heute die Galerie befindet, überlebte den Brand im Jahre 1944. Der achteckige Grundriss erinnert fälschlicherweise an eine Kapelle. Das Gebäude entstand 1938 als Umbau des damaligen Pferdestalles und diente als Garage, in der auch ein zahmer Uhu lebte.

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Schon auf der ersten Fotografie des Schlosses sieht man im Hintergrund die Steiner Alpen. Leon Souvan verstellte den Blick auf die Berge nicht, wodurch sich das ästhetische Erlebnis, das der Park bietet, verstärkt. Auch der alpenländische Stil der Meierei betont die regionale Identität der Anlage.

11 Darbietung der Ruinen

Der englische Landschaftsgarten sieht große offene Grasflächen vor, eine ausgewogene Verteilung von Bäumen und Baumgruppen, eine Trassierung der Wege nach dem Prinzip einer natürlichen Szenerie, was zu einem natürlichen und lebensnahen Erleben der Landschaft beitragen soll, die Schaffung ruhiger Wasseroberflächen in Form von Teichen und Seen sowie unterschiedliche gestalterische Elemente. Leon Souvan berücksichtigte alle aufgezählten Punkte bis auf die gestalterischen Elemente, die er nach seinen eigenen Vorstellungen gestaltete. Anstelle von nachgebauten antiken Tempeln errichtete er Bildstöcke und die ausgegrabenen Ruinen der alten Burg auf dem Gipfel des Hügels ersetzten die vorgesehenen gotischen Ruinen.

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Der erste Schritt bestand darin, dass Leon Souvan einen breiten und sanft ansteigenden Weg anlegte, der bis zum Gipfel des Hügels führte. Der Weg nahm in einem kleinen Tal, in dem sich eine Quelle befand und das am Rand des Unteren englischen Parks lag, seinen Ausgang. So bot er den Besuchern bequeme Spazierwege, die sie oftmals auch zu Pferd zurücklegten.

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Zunächst befreite Souvan die völlig zugewachsenen Ruinen von Sträuchern und Bäumen, um dann die Mauerreste teilweise freizulegen. Den oberen Rand der Mauern befestigte er mit Beton. Außerdem mauerte er ein neues Portal (auf dem Bild steht er daneben), das sich ursprünglich an einer anderen Stelle befand. Indem er die umliegenden Bäume fällte, öffnete er den Blick auf das umliegende Land und die Steiner Alpen.

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Die Sanierungsmaßnahmen, die Leon Souvan durchgeführt hatte, hielten bis ins Jahr 2007. Im Juli desselben Jahres wurden die Betonbefestigungen an den Mauern durch Buchen zerstört, die ein orkanartiger Sturm niedergerissen hatte. Der Rest fiel einem Eisbruch im Jahr 2014 zum Opfer. Eine moderne fachgerechte Sanierung der Ruinen und eine archäologische Teiluntersuchung wurden in den Jahren 2015 und 2016 durchgeführt.

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Der Kupferstich, der sich im Werk des slowenischen Polyhistors Valvasor (1641-1693) befindet, stimmt nicht mit dem Grundriss der Ruinen überein. Das lässt darauf schließen, dass der Kupferstecher aus dem Kopf oder nach einer ungefähren Skizze gearbeitet hat. Möglich ist auch, dass er die Szene zusätzlich dramatisierte, indem er der Burg vier quadratische Wehrtürme beifügte. Tatsache ist, dass die Burg im 17. Jahrhundert, als das Renaissanceschloss unterhalb des Hügels gebaut wurde, bereits verlassen war.

 

12 Krieg

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs besetzten die Deutschen Oberkrain, das so an Kärnten und damit ans Dritte Reich angeschlossen wurde. Das Umland von Ljubljana wurde von den Italienern besetzt. Zwischen Volčji Potok und Ljubljana existierte also plötzlich eine Staatsgrenze und die Souvans arbeiteten und lebten praktisch in zwei unterschiedlichen Staaten. Nach dem Krieg übernahm das kommunistische Regime die Führung und rechnete auf unterschiedliche Weise mit der alten Ordnung ab.

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Die deutschen Besatzer setzten Leon Souvan unter Druck und wollten ihn dazu zwingen, sich als Deutscher zu deklamieren. Der Druck wurde noch dadurch erhöht, dass seine verstorbene Frau Deutsche gewesen war. Als bewusster Slowene wollte Souvan seinen Nationalstolz nicht unterdrücken, war sich aber der möglichen Sanktionen seitens der Deutschen bewusst, weswegen er nach Italien auswich – nach Ljubljana. Bis zum Ende des Krieges konnte er den Park nicht mehr besuchen und das Schloss, das 1944 zerstört wurde, sah er nicht mehr wieder.

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Nachdem Leon Souvan sein Anwesen verlassen hatte, wurde es von den deutschen Besatzern beschlagnahmt und von dem zuständigen SS-Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums verwaltet. Die Aufgabe des Reichskommissars war die „Ausmerzung schädlicher Einflüsse“ … „der fremdnationalen Bevölkerung auf das Land und die deutsche Volksgruppe.“ Im Schloss wurde eine deutschsprachige Hauswirtschaftsschule für Töchter von Bauern eingerichtet.

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Dem Tierarzt Anton Lampret, der während Souvans Abwesenheit Verwalter auf dem Gut war, kam zu Ohren, dass die slowenischen Widerstandskämpfer, die Partisanen, einen Brandanschlag auf das Schloss planten. Bereits davor waren einige umliegende Schlösser aus ideologischen Gründen durch Feuer vernichtet worden. Er organisierte den Abtransport einiger wertvoller Möbelstücke, doch der Hauptteil der Ausstattung wurde am 14. April 1944 von den Flammen zerstört.

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Das Anwesen ging im September 1945 erneut in den Besitz von Leon Souvan über, wurde jedoch bereits im November dem Landwirtschaftsministerium unterstellt. Im darauffolgenden Jahr folgte das Abkommen über Volkseigentum und in den folgenden fünf Jahren die Verstaatlichung.

13 Kampf um die Aufrechterhaltung des Parks

Nach Kriegsende zog Leon Souvan erneut nach Volčji Potok, wo er sich zwei Zimmer auf dem Dachboden der Meierei einrichtete. Er pflegte den Park und setzte sich für dessen Aufrechterhaltung ein, denn die kommunistischen Machthaber wollten den Park zur Nutzfläche umfunktionieren. Leon Souvan hatte Erfolg: Im Februar 1946 besuchten der Direktor des Amtes für Denkmalschutz, sein Mitarbeiter und ein Gartenbaureferent vom Landwirtschaftsministerium den Park. Den Park und den dazugehörigen Wald erkannten sie als „bemerkenswerte Sehenswürdigkeit“ an und schlugen vor, ihn nicht zur Bodenreform freizugeben.

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Auf dieser Luftaufnahme aus der Nachkriegszeit ist der Ort, an dem das Schloss stand, ausgelöscht – retuschiert. Die neuen Machthaber sahen eine Renovierung des Gebäudes nicht vor und versuchten die Spuren der Zerstörung des Kulturerbes zu verwischen. Die Mauern, die das Feuer nicht zerstört hatte, durften von den Anwohnern abgetragen werden; das Material wurde zum Wiederaufbau der Häuser verwendet.

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Leon Souvan lebte bis zu seinem Tode in seinem Park in Volčji Potok. Blick aus seinem Sterbezimmer auf die Kirche in Homec, wo er begraben liegt. Leon Souvan starb am 31. Dezember 1949.

Slika 13-3

Nach Souvans Tod übernahm die Verwaltung des Anwesens die Firma Gradis. Es kam die Idee auf, den Park zur Viehzucht zu nutzen oder aber ein Gewerkschaftsferienheim mit Gaststätten und Sportanlagen dort einzurichten. Das Unternehmen Gradis arbeitete eng mit dem Geheimdienst zusammen. Auf dem Anwesen wurden Baracken errichtet (siehe Fotografie), in denen vorübergehend Exilanten und Kriegsgefangene, die auf dem Weg nachhause waren, untergebracht wurden.

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Am 21. November 1950 wurde im Amtsblatt der Volksrepublik Slowenien der „Beschluss über den Schutz des Baum-, Blumen- und Waldparks in Volčji potok bei Radomlje“ beschlossen. Erst dieser Beschluss, durch den der Park als Naturdenkmal anerkannt wurde, trug dazu bei, dass der Park in seiner Funktion als Park erhalten bleiben konnte.

14 Souvans Erbe

Am 24. Juni 1952 wurde der Beschluss zur Gründung des Arboretums in Volčji Potok verabschiedet. Die Pflege des Arboretums oblag der damaligen Fakultät für Agrar- und Forstwissenschaft, der heutigen Biotechnischen Fakultät, wodurch der verstaatlichte Park in fachgerechte Hände überging. Das Arboretum wurde als Bildungs- und Forschungseinrichtung der Öffentlichkeit zugängig gemacht.

14-1 Der Souvan- Park und das Arboretum Volčji Potok

Souvans Blumen- und Baumpark, der unter Naturschutz gestellt wurde, umfasste eine Fläche von 12 ha. Außerdem wurden auch 21 ha eines bewaldeten Hügels als unmittelbare Umgebung des Parks unter Naturschutz gestellt. Bei der Gründung im Jahr 1952 bewirtschaftete das Arboretum eine Fläche von 79 ha, später wurde es auf 85 ha erweitert. Souvans Park ist bis heute der zentrale und unverzichtbare Teil des Arboretums.

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In den fünfziger Jahren gab das Arboretum den Bau eines Institutsgebäudes an der Stelle des ehemaligen Schlosses in Auftrag, was aber von der Denkmalschutzbehörde abgelehnt wurde. Im Jahr 1961 kam aus politischen Kreisen der – möglicherweise nicht allzu ernst gemeinte – Anstoß zu einer Rekonstruktion eines barocken Palastes, der sich ehemals in Ljubljana befand. Der Plan wurde jedoch bis heute nicht in die Realität umgesetzt.

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Im Andenken an Souvans Verdienste für den Park wurde von Miha Ogorevc, dem langjährigen Direktor des Arboretums, die Souvan-Aue ins Leben gerufen. Sie befindet sich unterhalb des Großen Teiches zwischen der Meierei und dem französischen Garten. Eine charakteristische Ansicht verleihen dem Park ein Bach, der sein Wasser aus dem Großen See bezieht, und der immergrüne Efeubewuchs der alten Erlen.

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Leon Souvans Verdienste wurde im Jahr 1998 mit einem Denkmal gedacht, das ihm zu Ehren im Arboretum errichtet wurde. Die Büste ist eine Arbeit des Bildhauers Boštjan Putrih. Souvans Erben mussten noch anderthalb Jahrzehnte auf die Entschädigung für das beschlagnahmte Vermögen warten, wobei der Prozess der Entstaatlichung, der vom Kultusministerium durchgeführt wurde, jegliche Grenze überschritt. Heute sind die Rechnungen beglichen.

Gedichte für Alma Souvan

Alma Souvan (1880-1964) war die jüngste Tochter von Ferdinand Souvan, der 1882 das Schloss und das Anwesen in Volčji Potok gekauft hatte.

Die Töchter wohlhabender Geschäftsleute waren auf dem Heiratsmarkt sehr begehrt. Alma hatte zwei Schwestern. Rozina Souvan heiratete Demeter Bleiweis, der ihr Cousin zweiten Grades war. Leonie, die Zwillingsschwester von Leon Souvan, dem Begründer des Parkes in Volčji Potok, heiratete Hubert Souvan, der ihr richtiger Cousin war. Die Ehe blieb kinderlos.

Alma Souvan schrieb sich als unerreichbare Angebetete des slowenischen Dichters Josip Murn in die slowenische Literaturgeschichte ein. Der junge Dichter bewegte sich in einem Kreis junger slowenischer Dichter um die liberale Frauenrechtlerin Franja Tavčar. Der charmante und unterhaltsame junge Mann war ein Liebling der Frauen und hatte wahrscheinlich die Hoffnung gehegt, durch eine gute Heirat dem Elend, in dem er aufgewachsen war, zu entkommen.

Alma Souvan bewegte sich nicht in diesen gesellschaftlichen Kreisen und kannte Murn, der sich im Theater in sie verliebt hatte, nicht persönlich. Der Dichter verehrte sie aus der Ferne und schrieb Gedichte für sie, die er ihr durch einen Freund zukommen ließ. Alma bedankte sich für diese „ritterliche Geste“, wobei sie es allerdings belassen ließ, denn sie erwiderte seine Liebe und Zuneigung nicht. So blieb Murn mit seinen Träumen von einer alle Schranken überwindenden romantischen Liebe allein.

Mit den Kopfhörern können Sie sich den Gedichtzyklus „Nächte“ (original Noči) anhören, den Josip Murn seiner Angebeteten Alma gewidmet hat.

Alma, die die hübscheste Souvantochter war, heiratete 1903 Franc Urbanc, Erbe des zweitgrößten Textilgeschäfts in Ljubljana. Im Jahre 1912 gab ihr Mann ihr Porträt in Auftrag, das von dem bekannten slowenischen Maler Ivan Vavpotič angefertigt wurde. Zu dieser Zeit war Alma bereits dreifache Mutter. Das Bild hängt heute in der Nationalgalerie in Ljubljana.